Dr. Erwin Levy

1907-1991


Die nachfolgende biographische Notiz und Bibliographie zu Erwin Levy ist eine erweiterte Fassung der in dem Buch
G. Stemberger (Hrsg.): Psychische Störungen im Ich-Welt-Verhältnis. Gestalttheorie und psychotherapeutische Krankheitslehre. Wien: Krammer 2002
enthaltenen. Die ergänzenden Informationen verdanke ich Frau Irmgard Schwarz, der Schwester von Erwin Levy.

Stationen seines Lebens:

Erwin LEVY wurde am 11.4.1907 in Graudenz (Polen) geboren. Er starb am 10.11.1991 in New York.
LEVY studierte Medizin an der Universität Berlin, wo er 1931 zum Dr.med. graduierte. Seine praktische Spitals-Ausbildung im Rahmen dieses Studiums absolvierte er 1930-1931 an der Universitätsklinik Frankfurt. Nach Abschluß seines Medizinstudiums war LEVY vom Oktober 1931 bis April 1933 (zugleich mit Wolfgang METZGER) Assistent von Max WERTHEIMER am Psychologischen Institut der Universität Frankfurt.
1933 floh er angesichts der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland nach Paris, von dort 1934 nach New York. Dort war er bis 1937 Mitglied von Max WERTHEIMERs Seminaren an der New School for Social Research. In den Aufzeichnungen von LUCHINS & LUCHINS über die WERTHEIMER-Seminare an der New School werden mehrere Seminare referiert, an denen LEVY teilnahm und Fälle aus seiner psychiatrischen und psychotherapeutischen Praxis zum Gegenstand der Diskussion wurden. Dort finden sich unter anderem zwei Seminare, die sich inhaltlich mit den Fällen und Fragestellungen beschäftigen, die LEVY in seiner Arbeit Some Aspects of the Schizophrenic Formal Disturbance of Thought behandelt hat (LUCHINS & LUCHINS, 1978, S. 255-259, 'Understanding Psychotics' Speech', und S. 260-261, 'More on Psychoticy' Speech').
In LUCHINS & LUCHINS, 1987, S. 75f, ist eine eingehende vergleichende Schilderung LEVYs über die Lehrmethoden WERTHEIMERs in Frankfurt und New York wiedergegeben. Auch über diese Zeit an der New School for Social Research hinaus blieb LEVY mit Max WERTHEIMER in Kontakt und war häufiger Gast im Hause seiner Familie (persönliche Mitteilung von Max WERTHEIMERs Sohn Michael WERTHEIMER).
Wolfgang METZGER spricht von LEVY als "Arzt und Psychologe" - ob LEVY ein Studium der Psychologie absolviert und abgeschlossen hat, ließ sich allerdings in der Recherche für diese biographische Notiz nicht feststellen.
1934-36 arbeitete LEVY zur Erlangung der ärztlichen Zulassung in den USA am Hastings Hillside Hospital, New York. Anschließend (1936-39) absolvierte er dort auch seine psychiatrische Facharztausbildung. 1939-41 war er an dieser Krankenanstalt als Senior Psychiatrist tätig, 1941-42 als Assistant Medical Director. Ab 1941 gehörte er als Life Fellow der American Psychiatric Association an. 1943-46 diente LEVY im Rang eines Majors im militärärztlichen Dienst der US Army.
1950 trat er eine Stelle als Clinical Director am Pinewood Sanitorium, Katonah, NY, an, die er bis 1952 innehatte. 1968-75 war LEVY als Professor für Klinische Psychiatrie an der Mount Sinai Medical School, New York, tätig, ab 1977 als Consultant am Beth Israel Hospital, NY. Neben diesen institutionellen Tätigkeiten betrieb LEVY in New York eine psychoanalytische Privatpraxis, mit der er seinen Lebensunterhalt hauptsächlich bestritt. Seine psychoanalytische Ausbildung erhielt er durch eine sechsjährige Lehranalyse in New York; bei wem er diese absolvierte, ließ sich bisher leider noch nicht eruieren
Von seinen Publikationen (siehe anschließende Bibliographie) hebt Wolfgang METZGER in seinem Aufsatz "Gestalttheorie im Exil" als "besonders bedeutsam der Ansatz zu einer Gestalttheorie der schizophrenen Denkstörungen von 1943 und eine Kritik der Freudschen Auffassung vom Über-Ich (1956)" hervor. Ersterer ist in diesem Sammelband in deutscher Übersetzung enthalten.
In seinem Brief an LUCHINS & LUCHINS vom 31. Mai 1969 hatte Erwin LEVY noch festgestellt, daß er seit 1943 ausschließlich im psychiatrischen Bereich tätig gewesen sei und bis zu einem gewissen Grad die Kontinuität der Beschäftigung mit der Gestalttheorie verloren hätte (LUCHINS & LUCHINS, 1987, S. 75). Seine Publikationen in der Folgezeit zeigen jedoch eine wieder zunehmende Auseinandersetzung mit der Gestalttheorie. Mit der Gesellschaft für Gestalttheorie und ihre Anwendungen (GTA) und ihrer Zeitschrift Gestalt Theory blieb LEVY bis an sein Lebensende 1991 verbunden.


Bibliographie:

1936: A Case of Mania with its Social Implications. Social Research, 3 (1936), 488-493. [Deutsche Übersetzung von G. STEMBERGER siehe Sammelband.]

1943: Some Aspects of the Schizophrenic Formal Disturbance of Thought. Psychiatry, 6, 55-69. [Deutsche Übersetzung von G. STEMBERGER siehe Sammelband.]

1956: Some Problems Concerning Ethics and the Super-Ego. Amer. Journ. Psychoth., 10, 217-240. 1967: On the problem of the possibility of a perceptual world-in-common. Philosophy and phenomenological research, 28 (1/1967), 48-57.

1980: Some Thoughts on the Mind-Body Problem. Perspect. Biol. & Med., 513-525.

1981a: A Problem in Thinking. Psychological Reports, 49, 219-236.

1981b: ‚Syllogisms in Productive Thinking' by Max Wertheimer (Translation of ‚Über Schlußprozesse im produktiven Denken', in: Drei Abhandlungen zur Gestalttheorie, Erlangen: Philos. Akademie, 1925, and translator's note). Psychological Reports, 49, 395-412.

1986: A Gestalt theory of paranoia. Introduction, comment and translation of ‚Heinrich Schulte'. Gestalt Theory, 8, 230-255. [Deutsche Übersetzung von G. STEMBERGER siehe Sammelband.]

1988: A Note on the Mind-Brain Problem. Gestalt Theory, 10, 129-133.

1990: A Note on the Circle. Gestalt Theory, 12, 116-122.

1991: Some Further Thoughts about the Brain-Mind-Problem. Gestalt Theory, 13, 272-275.

1997: Einige Aspekte der schizophrenen formalen Denkstörung. Übersetzt von G. Stemberger. Gestalt Theory, 19, 27-50. [Siehe Sammelband.]

2000: Ein Fall von Manie und seine sozialen Implikationen. Übersetzt von G. Stemberger. Gestalt Theory, 22, 20-26. [Siehe Sammelband.]


Kritisch zu LEVY 1988 und 1991:

THOLEY, P. (1992): Anmerkungen zum Leib-Seele-Problem. Kommentar zu Erwin LEVY: "A Note on the Mind-Brain-Problem" (1988) und "Some Further Thoughts about the Mind-Brain-Probme (1991). Gestalt Theory, 14(2), 145-148.


Quellen zu Leben und Werk von Erwin LEVY:

American Psychiatric Association. Biographical directory of fellows & members of the American Psychiatric Association. New York, R.R. Bowker Co., 1977.

American Psychiatric Association. Biographical directory. Washington, D.C.: American Psychiatric Association, 1983.

LUCHINS, A.S. & E.H. LUCHINS (1978): Revisiting Wertheimer's Seminars, Vol. II: Problems in Social Psychology. Lewisburg: Bucknell University Press. (zu LEVY u.a. S. 140f, 255-262).

LUCHINS, A.S. & E.H. LUCHINS (1987): Max Wertheimer in America: 1933-1943. Gestalt Theory, 9(2), S. 70-101 (zu LEVY: 75-76, 78).

METZGER, Wolfgang (1976): Gestalttheorie im Exil. In: H. BALMER (Hrsg.), Die Psychologie des 20. Jahrhunderts, Bd. I Die Europäische Tradition, 659-683 (E. Levy: 675).

WALDVOGEL, Bruno (1992): E. Oppenheimer-Fromm und E. Levy: Zwei Schüler Wertheimers, die ihn für die Psychoanalyse zu interessieren versuchten. In: Psychoanalyse und Gestaltpsychologie. Historische und theoretische Berührungspunkte. Stuttgart-Bad Cannstatt: fromman-holzboog, 52-53.

ZIMMER, A. (1991): Mitteilung zum Tod von E. Levy im Editorial, Gestalt Theory, 13, 201.


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Most recent revision: 10.10.2004